Der Strom an Geflüchteten hat inzwischen nachgelassen, doch das Thema Integration ist in Giengen nach wie vor von großer Bedeutung. Die Zahl der Beratungen, die vom Treffpunkt Integration in der Marktstraße durchgeführt werden, steigt seit einigen Jahren stetig – abgesehen von einem kurzweiligen coronabedingten Einbruch. Integrationsbeauftragte Martina Kunze, die das Team mit vier Integrationsmanagern seit etwa einem Jahr leitet und koordiniert, hatte für die Unterrichtung des Gemeinderates in dessen jüngster Sitzung einige Zahlen im Gepäck.

606 Personen aus 25 Ländern

Waren es im ersten Halbjahr 2018 noch rund 200 Beratungen, zählte man im ersten Halbjahr 2021 schon rund 1300. Von April 2020 – als die Heidenheimer Jugendhilfeeinrichtung Eva das Integrationsmanagement für die Stadt Giengen und die Gemeinden Hermaringen und Dischingen komplett übernommen hatte – bis Ende August 2021 dokumentierte man insgesamt über 5500 Beratungen. Diese wurden von 606 verschiedenen Personen aus 25 Ländern in Anspruch genommen, davon 106 Familien und 82 Einzelpersonen. „Der überwiegende Großteil stammt aus Syrien, Bulgarien, Irak und Nigeria“, so Kunze, die gemeinsam mit ihren Kollegen bei Eva angestellt ist.

In Hermaringen werden derzeit 20 Personen betreut, in Dischingen 44. Zu den Geflüchteten dort besteht ein regelmäßiger telefonischer Kontakt, einmal pro Woche finden Hausbesuche statt. Sie können aber für ein persönliches Gespräch auch nach Giengen kommen.

Corona: andere Kommunikation

Der Treffpunkt war analog zum Rathaus über einen längeren Zeitraum wegen Corona geschlossen. In dieser Phase musste die Kommunikation mit den Kunden gänzlich auf Telefon und Online umgestellt werden. Laut Kunze erwies sich der Messenger-Dienst Whatsapp als besonders nützlich. „Klienten schickten darüber etwa Fotos von unklaren Formularen und beim Telefonieren konnten Lücken gemeinsam ausgefüllt werden.“

Die Pandemie habe offenbart, dass die Geflüchteten immer mehr allein schaffen würden. Eine erfreuliche Beobachtung für eine Einrichtung, deren Ziel nach eigenem Selbstverständnis ist, Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten.

Ehrenamt erleichtert Arbeit

Projekte wie das Frauencafé oder das offene Bücherregal mussten pandemiebedingt jedoch auf der Strecke bleiben. Um derlei Angebote wieder aufleben zu lassen, ist ein Abstimmungstreffen mit den ehrenamtlichen Helfern geplant. Das Ehrenamt spiele für die Integrationsarbeit eine wichtige Rolle. „Ohne diese Unterstützung hätten wir viel mehr Arbeit.“

Unter den Ehrenamtlichen ist Stadträtin Christine Mack (SPD), die sich im Giengener Freundeskreis Asyl engagiert. Sie sieht in dem Anstieg der Beratungen ein gutes Zeichen. Dies zeige, dass die niederschwellige Dienstleistung gefragt sei. „Ich hoffe, dass die Stellen erhalten bleiben“, so Mack.

Oswald Satzger (CDU) erkundigte sich nach dem Rechtsstatus der Geflüchteten. Laut Kunze könne man dies nicht pauschalisieren, da man Klienten unterschiedlichen Status berate. Bei manchen läuft das Asylverfahren noch, manche haben eine Aufenthaltsgestattung, andere wiederum eine Duldung.

Zusammenarbeit mit Partnern

Erwin Kleemann (Unabhängige und Grüne) und Gabriela Fetzer von der CDU taten ihre Überraschung darüber kund, dass Bildung, Arbeit und Sprache einen relativ geringen Anteil an den Beratungsthemen ausmachen würden. Mehr Gesprächsbedarf gegenüber den Integrationsmanagern gibt es laut Kunze beispielsweise in Sachen Kinder und Finanzen. Das liege daran, dass jene Bereiche überwiegend von Netzwerkpartnern wie dem Jobcenter abgedeckt und daher nicht in der Statistik des Treffpunktes auftauchen würden. Dieses Netzwerk zu pflegen und auszubauen gehört zu den Aufgaben der Integrationsbeauftragten.

Wenn Integration nach Ansicht von Klaus Kälble (SPD), Lehrer im Ruhestand, gelingen soll, muss man den Kindern zuerst Deutsch beibringen, bevor sie am normalen Unterricht teilnehmen.

Oberbürgermeister Dieter Henle pflichtete ihm bei: „Es mag abgedroschen klingen, aber Sprache ist der Schlüssel zur Welt.“ Integration habe in der Stadt Giengen einen hohen Stellenwert.

Heidenheim

Mitglied im Beirat für Migration


Seit Oktober 2020 ist Martina Kunze Integrationsbeauftragte der Stadt Giengen. Sie trat die Nachfolge von Pascal Gonsior an, der sich beruflich neu orientierte. Kunze ist zudem Mitglied im neuen Migrationsbeirat auf Landkreisebene. Dieses Gremium soll den Kreistag künftig beraten und Auskunft über die Situation der Migranten im Landkreis geben. Darin ebenfalls vertreten sind die Integrationsbeauftragten des Landkreises und der Stadt Heidenheim (Yasemin Yelen und Irena Hybl) sowie zwölf Menschen mit Migrationshintergrund, die im Landkreis Heidenheim leben. Auch vier Kreisräte und Bürgermeister Marcus Bremer (Niederstotzingen) gehören dem Beirat als Vertreter der Städte und Gemeinden an.